Robert Mattheis

Wut ist das Glück der Verzweifelten

«Gehts auch etwas weniger ironisch? Weniger cool, weniger unangreifbar, vielleicht sogar – persönlich, verletzlich?» Dies die Bitte des Verlags für einen zweiten Band mit Robert Mattheis' Gedichten. Das haben wir nun davon.

Wer darum bittet, die seichten Wasser der Ironie zu umschiffen, riskiert, am dahinter liegenden Land des Hasses zu stranden. Was Mattheis zum Glück umgeht. Vielmehr sondiert er die Terrains, auf denen man sich wiederfindet, wenn man auf den Plastikhelm aus Ironie verzichtet, es zugleich aber auch ablehnt, zum Vorschlaghammer zu greifen.

Das Ergebnis? Ein Selbstbildnis des Autors, der es kaum mehr aushält in den Panzerungen, in denen unsere Gesellschaft durch ihre Alltage steuert. Bitterkeit, einen melancholischen und mitunter depressiven Grundton mag man den Gedichten vorwerfen, ja. Das scheint aber dem unumgänglich, der darum ringt, Mensch zu bleiben in einer Welt, in der wir vor allem Konsumenten sind.

Alice Grünfelder / Mine Dal

schön & glücklich

«schön & glücklich» ist eine gemeinsame Produktion von Alice Grünfelder und Mine Dal, beide Zürich. Die Autorin und die Fotografin zeichnen in Text und Bild ein Leben, eine Biografie, von der Kindheit übers erste Verliebtsein bis hin zur schmerzhaften Trennung im Alter. Einen Lebensbogen, der Abgründen entlanggleitet, von der Ohnmacht des Einzelnen erzählt und das Versehrte zeigt.

Die Figuren in den Geschichten werden seziert, ohne sie zu denunzieren, sie kommen vielmehr in ihrer eigenen Schönheit und Tragik zu Wort. Sei es das Kind, das nicht mehr Kind sein darf, eine Jugendliche, die auf den Anruf ihrer ersten grossen Liebe wartet – Mine Dals Fotografien und Alice Grünfelders Texte führen in eine Welt, die erst auf den zweiten Blick zu erahnen ist. Das Bild verspricht zunächst Orientierung, die Haikus, Prosaminiaturen und Erzählungen schaben die Oberfläche frei, legen Verborgenes bloss. Und das ist nicht immer nur schön.

Neuerscheinung Frühsommer 2023

ZanRé

RITH’o’GEN’s 2011

Dies ist die Geschichte von Luca Tambini alias Rosti, einem 40-jährigen Secondo italienischer Abstammung, Kunsttransporteur und pathetischer Loser, beheimatet im hippen Zürcher Kreis 3. Damit ist dann aber auch schon fertig mit Hipster. In den neun Büchern dieses Opus wechseln sich die Erzählstränge und -perspektiven rasant ab – es wird gelitten, geklaut, surreal assoziiert, über Fussball philosophiert; es wird die Leere breitgeschlagen und schliesslich eine neuartige Droge erfunden. Dabei mischen Weltverschwörungen, verkannte Genies, kahlköpfige Schläger und eine obskure Firma mit. Und die Zürcher Stadtheiligen Regula und Felix, die der Autor kurzerhand zu Boat People macht.

ZanRés Anarcho-Roman ist eine aus persönlicher und intimer Warte erzählte Geschichte mit viel schwarzem Humor und abartigem Szenekolorit. Eine etwas schräg geratene Hommage an seine Stadt, sein Umfeld und seine Generation.

 

Andreas Niedermann

Schreiben. Selbstbild mit Tier

Rasant, brutal, komisch und witzig erzählt Andreas Niedermann vom gefährlichen und abenteuerlichen Leben eines Getriebenen. Schonungslos ehrlich mit sich und anderen sucht er in dieser Odyssee, die ihn durch Schweizer Städte, durch Wien, Paris, Italien, Griechenland treibt, nach der Gelegenheit, das zu tun, was er will: Schreiben. Aber wie schreibt man? Und vor allem, wie erschafft man eine Situation, die Schreiben erst ermöglicht? Und was soll das überhaupt: das Schreiben? Für wen denn? Wie muss es klingen? Und was ist ein Schriftsteller?

Mit der Veröffentlichung seines ersten Romans scheinen die Fragen beantwortet. Aber dieser Zustand ist nicht von Dauer. 

 

«Die Sache mit dem Geld hatte sich bald erledigt, schneller und gründlicher, als mir lieb sein konnte. 

Schon bald war ich gezwungen, auf meine weit zurückliegenden Erfahrungen als Gelegenheitsladendieb zurückzugreifen. Ich schloss einen Pakt mit den Göttern. Nur zu stehlen, wenn es nicht anders ging. Stehlen, um zu überleben. Eine Packung Salami zu dem Brot, das ich an der Kasse bezahlte. Solche Dinge, Dinge, die sich gut in den Hosenbund oder in die Unterhose schieben ließen. Manchmal eine kleine Flasche Johnny Walker. Da mussten die Götter ein Auge zudrücken. 

Ich begann so gegen Abend zu schreiben und hörte kurz vor Mitternacht auf. Dann stieg ich die geschwungene Treppe nach unten, vorbei an den chlorduftenden Klos, und riss die schalldichte, massive Eisentür auf. Was würde mich diesen Abend erwarten? 

Was immer es war, es forderte von mir, auf die Schnelle zwei Bier zu exen.»

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